Auf einen Espresso

Die Verbindung zwischen italienischer Espressokultur und dem Rennrad ist legendär. Glücklicherweise fühlen ich mich auf beiden Gebieten heimisch, ich bin ja vielseitig talentiert. Somit gehört der Espresso vor dem Start einer Runde bei mir zum geliebten Ritual. Gerne auch danach und manchmal rutscht mir auch zwischendurch mal einer durch.

Definieren wir zunächst das Forschungsgebiet. Es ist ja nicht unbedingt selten, dass wir hier oftmals Dinge in unseren Espresso Tassen vorfinden, welche mit dem Espresso aus Italien außer der Farbe nicht viel gemein haben. Das ist nicht weiter verwunderlich, werden die meisten koffeinhaltigen Heißgetränke von Halb- oder Voll-Automaten kredenzt: Kaffeebohnen mahlen, Kaffeepulver brühen und am besten noch die Milch aufschäumen, alles auf Knopfdruck. Der menschlich Leistungsanteil reduziert sich dabei auf das Strecken des Zeigefinger, weit entfernt von der Kaffekunst und Leidenschaft eines Barista. Die aufkommende Senseo Kultur möchte ich am liebsten gar nicht ansprechen, kulinarische Endzeit!

Chrom, Druckkessel, Handarbeit, seperate Mühle und immer etwas zum fachsimpeln über Mühlgrad, Durchlaufzeit und Konsistenz. Damit nähern wir uns dem Kult der italienischen Cafékultur an. Die grundlegenden Schritte mal kurz umrissen:

READY FOR TAMPA STATION

Bohnen frisch gemahlen aus der Mühle in den Siebträger fallen lassen und dann ab damit auf die Tampa Station, wo der Tampa mit etwa 30 kg andrückt wird. Gute Röstereien geben IMMER auch an, wieviel Gramm der frisch gemahlenen Bohnen in den Siebträger gehören. Faustregel liegt bei etwa 20 Gramm.

ÖLIG LAUFEN LASSEN

Siebträger einhängen und dann den Hebel betätigen. Ich liebe es, dass meine Maschiene noch diesen Hebel hat und keinen Knopf! Langsam in die Espressotasse laufen lassen. 25 Sekunden Durchlauf sind perfekt. Aber auch hier gilt: Gute Röstereien geben euch die Info an die Hand, wie lange die Durchlaufzeit für die jeweilige Bohnen ist.

NOW GO RIDE

Espresso genossen und ready to go!

Jetzt habe ich gleich zweimal die “gute” Rösterei bemüht und die Frage lautet natürlich, woran erkennt man eine gute Rösterei? Wie bei allen Dingen: Passion! Das ist schon mal der erste Gradmesser. Charmant wäre es  dann noch, wenn der Café schmeckt und da kommt für mich dann die Truppe vom Wildkaffee aus Garmisch in Spiel. Die betreiben die Sache mit Leidenschaft, mit individuell ausgetüftelten Röstverfahren und das ganze familiär aufgezogen.

Im Jahr 1892 gründet Leonhard Panholzer mit seiner Frau Maria in Partenkirchen am Alten Bahnhof einen Lebensmittelladen mit Molkereibetrieb und ich gebe an dieser Stelle ganz offen zu, ich war nicht vom Start weg dabei.  Neben verschiedenen Spezialitäten handelte dieser Kaufmann auch mit gerösteten Kaffee aus Hamburg, damals noch eine richtige Rarität, denn die Kunst des Kaffeeröstens ist noch weitestgehend unbekannt.

Die Leidenschaft für qualitativ hochwertigen Kaffee hat sich in der Familie durchgesetzt. Gut 120 Jahre später greift sein Urgroß-Enkel Leonhard Wild, genannt Hardi, diese Idee neu auf und gründet zusammen mit seiner Frau Stefanie die 1. Kaffee-Rösterei in Garmisch-Partenkirchen. Das Unternehmen wächst stetig. Hardi unternimmt immer wieder Reisen zu den Kaffeeplantagen um die guten Beziehungen zu den Kaffeebauern zu pflegen und um die Qualität des Rohkaffees direkt vor Ort zu kontrollieren. Bei der Verarbeitung des Kaffees legen die beiden dann ein großes Augenmerk darauf, dass sich die für das Herkunftsland charakteristischen Eigenschaften eines Kaffees immer herausschmecken lassen und ihre regionalen Besonderheiten perfekt zur Entfaltung kommen und die Sache geht auf. Für mich persönlich eine der besten Röstereien in Deutschland.

BODENSEE RENNRAD
Cafés around the lake

Jetzt bleibt natürlich noch immer die Frage offen: Was machen, wenn ich auf dem Rennrad sitze? So eine Barista lässt man nicht mal eben in der Trikottasche verschwinden. Unterwegs heißt es also ortskundig zu sein. Für mich gilt da zunächst: Es muss auf jeden Fall eine Barista im Laden stehen. Bei einem WMF Vollautomaten drehe ich DIREKT um. Dann sollte das Ambiente im Café stimmen und eine gewisse Sauberkeit gehört dazu. Auf der Karte habe ich ein paar Cafés zusammengestellt, welche ich regelmäßig ansteuere rund um den See.

Café Uferlos - Stein am Rhein

Das Café Uferlos ist definitiv die Perle auf der Untersee Runde und versteckt sich am hinteren Ende der wundervollen Promenade von Stein am Rhein. Es lohnt sich definitiv hier einen Stopp einzuplanen. Der Café schmeckt sensationell gut und auch leckeres Gebäck wird serviert. Ich hatte auch schon Mitfahrer, die sind bei der frischen Pasta schwach geworden. 🙂 Die Preise sind für schweizer Verhältnisse definitiv human und die Lage des Cafes am Rhein unfassbar schön. Draußen sitzen und genießen!

Focacceria - St. Gallen

Die Focacceria ist eine kleine, etwas versteckte Leidenschaft in den Gassen von St. Gallen. Ich bin irgendwann mal auf dem Rad durch St. Gallen geirrt, auf der Suche nach einem guten Espresso und wie es der Zufall will führte es mich zu diesem Geschenk. Gelegen in einer kleinen, etwas ruhigeren Seitenstraße mit einem wirklich perfekten Espresso hat dieser Laden eigentlich nur einen einzigen Nachteil: Man kommt definitiv nicht raus, ohne eine Kleinigkeit zu essen. Es ist das ganz große italienische Kino, was einem dort geboten wird und das in immer frischen und liebevoll zusammengestellten italienischen Kreationen. Ein “must have” in St. Gallen!